9. April 2012

Busfahren, einmal anders.


Nun, die Reise nach Hampi mit dem Sleeper Bus hörte sich total nett an:Du buchst ein Ticket für drei Schlafplätze in einem modernen A/C Bus, mit WC - 

Dir wird noch ein fast lebensgroßes Werbebild dieses hochmodernen Busses gezeigt, legst 2100 Rupies für uns drei (ca. 30 Euro) für eine komplette Nachtfahrt mit nur 2 Stops  von 19:00 bis 05:30 hin, aber dann...

 

Am Bus im Mapusa nach 45 minütiger Taxifahrt angekommen, schien der dortige Sleeper Bus voll in die Jahre gekommen zu sein, war ne olle Schrippe, die Tyres blank wie Yul Brunners Platte, und hatte zudem alle Features verloren, also nix mit A/C, keine Spur eines WC's, kein Fan, nix. Hmmm. 

Es folgte noch allerlei Zirkus über die Belegung der Plätze, wir hatten untere Schlafbetten gebucht - jedenfalls musste Nopbi in die obere Koje, nicht ohne Grund, wie sich später herausstellte. 

Die Fahrt ging los, mit Getöse und Fanfaren, ganz nach dem Motto, wer am lautesten hupt, hat Vorfahrt. Unklar, wie bei dieser wilden Sauserei, permanentem Überholen mit begleitendem Fanfarenlärm an schlafen zu denken ist. Aber kaum waren wir aus der Stadt heraus, gab es auch schon den ersten Stop und weitere Fahrgäste, alles Inder mit allerlei Gepäck und Kiddie's wurden nach einem bestimmten System dazu

geladen und in die unteren Schlafkojen gequetscht. Dort lag dann natürlich nicht nur ein Fahrgast, sondern diese  mussten sitzen, so konnten pro Schlafkabine natürlich x-mal mehr Passagiere mitgenommen werden. Das System, nach welchem der eine Fahrgast mitgenommen und der nächste wieder nicht, erschloss sich schnell als korruptes Bestechungshandeln der Fahrer, die sich eine nettes Zubrot verdienten. So wurde der Bus immer voller, alle Fahrgäste waren lustig am schnattern, von den unteren in die oberen Schlafkabinen, von vorn bis hinten, dazu noch pausenloses Handygeklingel mit schicker Klingelmusik mit anschliessenden wichtigen Klärungen wie z. B. : Seid ihr Zuhause? Ist Brem da? Trinkt ihr? Wer bezahlt? hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?hallo?

Tja, auf dem flachen Land ist die  Netzabdeckung eben ein wenig löchrig. So sausten wir durch die Nacht, die offene Fenster kühlten mit Zugluft nur knapp, wurden nett unterhalten, hielten pausenlos an, Leute rein, Leute raus. Lilli war fertig, konnte aber eben deswegen schlafen, Schnidde und ich hatten ne schicke Nacht: sie unten mit Lilli, ich gegenüber oben, dazwischen indisches Geschnatter, total lustig nachts um 3 Uhr. Völlig platt erreichten wir Hampi, nicht etwa um 05:30 wie avisiert, sondern um 07:30 - eben den vielen Zwischenstopps geschuldet.

Dort warteten zig Riksha Fahrer auf uns, wir schnappten uns den ersten besten und ließen uns von Hampi Baazar zum Fluss fahren, denn wir wollten nicht in Hampi direkt, sondern auf der anderen Seite des Flusses wohnen. Dort mussten wir auf die Fähre warten (die einstige Brücke wurde schon vor Jahrhunderten von den Monsunregenfluten davongerissen). Die Fähre, ein kleines Boot mit Außenborder, fährt natürlich nur, wenn auf der einen, wie auf der anderen Seite mindestens 10 Passagiere warten. Money makes the World go round. So warteten wir, bis das Buisiness passte, fanden relativ schnell das Guesthouse, welches das bot, was wir wollten: ne saubere Hütte direkt an den Reisterrassen, Blick auf den Fluss, perfekt. 

So ließen wir den Tag langsam starten und kamen erst recht spät, so gegen Mittag dazu, wieder uns nach Hampi zu wenden, um den Bazaar, die heiligen Ghats und die dortigen Tempel zu erkunden.

Bereits bei der Ankunft hatten wir ja an den Ghats die Frauen gesehen, die ihre Wäsche im Fluss wuschen, die Kinder die dort schwammen, ein schönes friedliches Bild. Schnell aber weiter, ab in den Schatten, denn die Sonne sengte. Sandras Hose, in Arambol gekauft und den Qualitätsansprüchen einer Busreise nicht gewachsen, musste repariert und ersetzt werden, so machten wir bei ner Schneidersfrau halt, diese fertigte nach Sandras Wünschen und schickem Stoff ein neues Beinkleid und reparierte die alte Büx (alles für 200 Rupies=3€).

Also schnell durch den Bazaar und rein in die Tempelanlage von Virupaksha .  Das Ganze stammt aus dem 13. Jahrhhundert. Hampi war zu dieser Zeit Hauptstadt Indiens und quoll vor Reichtum über. Gold, Geschmeide, Edelsteine verliehen dieser Stadt unermesslichen Reichtum, der damalige Herrscher Rama Raya liess sich aber auf ein Gefecht mit dem Moslems ein, welches er schlussendlich verlor, weil einige seiner Generäle mit Loyalitätsproblemen zu kämpfen hatten und zum Feind überliefen. Die Stadt wurde ausgeraubt, verlor ihre Bedeutung. 

Der Haupttempel ist fast wie eine Pyramide aufgebaut, mit unzähligen Skulpturen der hinduistischen Welt verziert. Die Sonne brannte, der Granitboden so heiss, dass Matten ausgelegt waren um sich nicht die Füße zu verbrennen (die Tempel dürfen nur barfuß betreten werden). So flüchteten wir in einen der Nebentempel, dieser war schön kühl, dort fand eine große Familienfeier statt. Es handelte sich um eine Feier aus Anlass der Haarbeschneidung eines einjährigen Mädchens. Die ganze Familie sass (locker 20 Personen mit Kindern) auf dem Boden, jeder ein Bananenblatt vor sich von dem gegessen wurde (Thali).Als wir von der Familie wahrgenommen wurden, wurden wir sofort eingeladen an der Feier teilzunehmen um gemeinsam mit Ihnen  zu essen. Gesagt getan, wir wurden mit Bananenblättern versorgt, schon wurden uns Reis, verschiedene Gemüse, verschiedene Soßen aufs Blatt drapiert, Wasser gereicht...ein schönes Erlebnis, der stolze indische Papa seines nun kahlköpfigen Mädchens wollte immer und immer mit seinen europäischen Gästen fotografiert werden, vor allem natürlich mit Lilli. 

Die intensivere Besichtigung des Tempels war allein durch die Hitze limitiert, wir mussten einfach einen Break machen, holten die neue Hose ab und verbrachten den Rest des Nachmittags in  der Hängematte, Nopbi und Lilli gingen nahe dem Guesthouse nach kurzem Weg durch die Reisfelder zum Fluss um dort ein wenig zu schwimmen...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1 Kommentar:

Anne aus Rostock hat gesagt…

Hallöle Ihr Drei Abenteuerer! Etwas andres kann man nicht mehr zu Euch sagen, wenn Ihr Euch auf so eine abenteuerliche Busreise wagt. (Sandra guckt ja auf dem Foto, wo sie in der Buskabine sitzt, schon etwas gereizt, oder?)Das Erlebnis von Euch mit der Feier bzgl. der Haarbeschneidung des kleinen indischen Mädchens finde ich total schön! Ihr seid halt keine normalen Touris! Ihr seid einfach mit dabei mit gewissen Opfern! Viel Spaß noch Ihr Drei! Und kommt jetzt mal bald wieder nach Hause, gefälligst!